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Die Zehn-Jahres-Frist bei der Immobilienschenkung

 

13. März 2019. Jedes Jahr werden in Deutschland mehrere Tausend Grundstücke durch Schenkungen übertragen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So kann die Übertragung die Basis für den Hausbau der Kinder sein. Mancher will sich aber auch von der Last der Bewirtschaftung befreien. In anderen Fällen wiederum sollen der künftige Nachlass möglichst gering gehalten oder steuerliche Freibeträge umfassend ausgenutzt werden. Stets kommt man im notariellen Vorgespräch auf die berühmten „zehn Jahre“ zu sprechen, denn diese Frist spielt bei der Schenkung von Immobilien an vielen Stellen eine wichtige Rolle. Aber Achtung: Ob und wann die Frist anläuft, kann von Rechtsgebiet zu Rechtsgebiet unterschiedlich sein.

Verschenkt, verarmt und nun? – Der Sozialhilferegress

„Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen. Dieser Spruch aus Kindheitstagen lässt sich nicht auf das Recht übertragen“, erläutert Notar Michael Uerlings, Pressesprecher der Rheinischen Notarkammer. Gerade wenn ein Schenker plötzlich auf Sozialleistungen angewiesen ist, etwa weil Einkünfte und Vermögen für die Finanzierung eines Pflegeplatzes nicht mehr ausreichen, stehen schnell Schenkungen aus den letzten Jahren im Fokus. Das Gesetz gibt dem Schenker ein Rückforderungsrecht hinsichtlich des geschenkten Gegenstandes, wenn der Schenker nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten.

Bei Schenkungen innerhalb der Familie wird diese Rückforderung aus familiären Gründen häufig nicht geltend gemacht werden. Dazu besteht auch keine Verpflichtung. Notar Uerlings weist aber auf die Möglichkeiten eines Übergangs des Rückforderungsanspruchs auf staatliche Stellen hin: „Soweit ein Sozialhilfeträger Leistungen an den Schenker erbringt, kann er den Rückforderungsanspruch auf sich überleiten.“ Die Schenkung und die spätere Bedürftigkeit sollen nicht zu Lasten der Allgemeinheit gehen, denn prinzipiell muss sich jeder zunächst selbst helfen. Mit der Überleitung ist der Sozialhilfeträger der neue Gläubiger des Rückforderungsanspruchs. Er allein entscheidet über dessen Geltendmachung. Auch wenn der Schenker es nicht will, muss der Beschenkte dann Rückforderungen befürchten. In der Praxis bedeutet dies aber regelmäßig nicht die Herausgabe der Immobilie, vielmehr wird häufig eine monatliche Geldzahlung im Umfang der Finanzierungslücke geleistet. Die Zahlung ist dabei insgesamt auf die Höhe des Schenkwertes begrenzt.

Tritt die Verarmung erst zehn Jahre nach der Leistung des geschenkten Gegenstandes ein, ist die Rückforderung ausgeschlossen. Notar Uerlings erläutert insoweit: „Maßgeblich für den Zeitpunkt ist der Tag, an dem nach Abschluss der Verträge der Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt gestellt ist. Ob und in welchem Umfang dem Schenker noch Nutzungsrechte am Grundstück zustehen, ist für diese Frist unbedeutend.“

Ich schenke mich arm!

Das Recht garantiert Ehegatten, Kindern und unter Umständen sogar den Eltern eine Mindestbeteiligung am Vermögen des Verstorbenen. „Das Gesetz löst dies über einen Anspruch auf Geldzahlung gegenüber den Erben, den sogenannten Pflichtteilsanspruch. Die Höhe der Zahlung ist abhängig vom Wert des hinterlassenen Vermögens und der Erbquote, die einem kraft Gesetzes zugestanden hätte“, erläutert Notar Uerlings und führt weiter aus: „Doch kurz vor dem Tod alles zu verschenken, das geht nicht. Hier hat der Gesetzgeber Mechanismen zum Schutze der Pflichtteilsberechtigten eingebaut.“

Durch die Schenkung wird der Nachlass geringer, was in der Konsequenz auch zu einer Reduzierung des Pflichtteilsanspruchs führt. Das Gesetz sieht daher zusätzlich einen Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils vor. Dabei wird der Wert des verschenkten Gegenstandes dem Nachlass fiktiv hinzugerechnet. Von Bedeutung sind alle Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall. Maßgeblich für die Frist ist die Eigentumsumschreibung im Grundbuch.

Allerdings wird der Schenkwert nur im ersten Jahr nach dem Tod in voller Höhe berücksichtigt. Danach schmilzt er jedes Jahr um 10 Prozent ab. Zu beachten ist aber, dass die Frist nach der Rechtsprechung überhaupt nicht zu laufen beginnt, wenn sich der Schenker noch umfangreiche Rechte an der Immobilie vorbehalten hat. In diesem Fall wurde das Eigentum nur formal aus den Händen gegeben, während die eigentliche Nutzungsmöglichkeit beim Schenker verbleibt.

Folgen für die Schenkungsteuer

Die Zehn-Jahres-Frist ist auch für das Steuerrecht von Bedeutung. Liegen zwischen der Übertragung der Immobilie und einer weiteren Schenkung oder Erbschaft mehr als zehn Jahre, so können persönliche Steuerfreibeträge mehrfach ausgenutzt werden. Für den Beginn des Fristlaufs kommt es nicht auf die Eigentumsumschreibung an, auch der Antrag muss noch nicht gestellt sein. Vielmehr genügt es, wenn sich die Parteien über den Eigentumswechsel geeinigt und die formalen Bewilligungen erklärt haben.

Pressemitteilung der Rheinischen Notarkammer, 13. März 2019